30/01/2013

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Tressin warnt vor Hysterie, falschen Zahlen und verzerrenden Darstellungen

Stellungnahme zur Debatte um Stress am Arbeitsplatz und psychische Erkrankungen

„Dass es nicht gelungen ist, eine gemeinsame Erklärung vom Bundesarbeitsministerium, Arbeitgebern und Gewerkschaften zur Verbesserung des psychischen Gesundheitsschutzes in den Betrieben zu unterzeichnen, ist kein Grund aktuell noch mehr Alarm zu schlagen oder gar in Hysterie zu verfallen“, erklärt Rechtsanwalt Andreas Tressin, Geschäftsführer der Unternehmerverbände Rhein-Wupper und und zugleich  geschäftsführendes Vorstandsmitglied im Zentrum für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit Rhein-Wupper e.V. Leverkusen:

„Uns ist es vielmehr ein ganz wichtiges Anliegen, in der aktuell doch sehr aufgeregten Diskussion über psychische Gesundheit für mehr Sachlichkeit zu werben. Es schadet nicht nur der Sache, sondern letztlich allen Beteiligten, wenn die Debatte über psychische Gesundheit mit falschen Zahlen, verzerrenden Darstellungen und unberechtigten Vorwürfen geführt wird.

So haben nach allen Untersuchungen psychische Störungen nicht zugenommen, sie werden nur häufiger erkannt. Auch die pauschale Behauptung, dass Arbeit an sich krank mache, geht völlig an der Realität vorbei. Gerade psychische Belastungen und Stress haben ihre Hauptursachen im individuellen Umfeld der Betroffenen, der größte Auslöser sind in der Regel private Probleme. So sind Menschen, die nicht erwerbstätig sind, häufiger psychisch krank als Berufstätige, Arbeitslose sogar vier Mal so häufig. Wer also ernsthaft daran interessiert ist, den Betroffenen zu helfen, muss auch eine ehrliche Ursachenforschung betreiben.

Richtig ist, dass die Anforderungen an die Arbeitsplätze und damit der Stress zugenommen haben, richtig ist aber auch, dass immer mehr Arbeitgeber die Bedeutung des Themas erkannt haben und auf diesem Gebiet bereits kompetent, mit Erfolg und unterschiedlichen Ansätzen tätig sind. So wenden die Unternehmen seit jeher von der Gesundheitsprävention über gemeinsam mit den Betriebsräten durchgeführte Gefährdungsbeurteilungen, bis hin zum Wiedereingliederungsmanagement und kontinuierlich eingerichteten Round-Table-Gesprächen mit den betrieblichen Beteiligten im Umgang mit psychischen Erkrankungen erhebliche Mittel auf, nicht zuletzt auch deshalb, weil psychische Erkrankungen erhebliche Entgeltfortzahlungskosten verursachen.“

„Die ganze Thematik ist deshalb so sensibel und emotional, weil aufgrund der unterschiedlichen Belastbarkeit der Mitarbeiter eine Objektivierung schwierig ist und oftmals berufliche und private psychische Belastungsfaktoren ineinander greifen“, so Dr.med. Kurt Kosloh, leitender Betriebsarzt im Zentrum für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit.
„Und deshalb arbeiten wir sehr intensiv und pro aktiv an der Weiterentwicklung objektiver Methoden und Instrumente zur Erfassung und Messung psychischer Belastung“, so Andreas Tressin: „Gemeinsam mit dem Institut für angewandte Arbeitswissenschaften (IfaA) und dem Verband deutscher Sicherheitsingenieure (VDSI) wird aktuell ein Qualifizierungskonzept für die Fachkraft für Arbeitssicherheit entwickelt. Die Fachkraft soll dazu befähigt werden, psychische Gefährdungsfaktoren zu identifizieren und notwendige Schritte einzuleiten. Darüber hinaus ermöglicht das als Handlungshilfe erschienen Buch „KPB – Kurzverfahren psychische Belastung“ ein pragmatisches Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung und ist damit ein neues, mobiles Instrument bei der Erfassung psychischer Arbeitsbelastung. Wir sind deshalb gemeinsam mit den Betrieben auf dem richtigen Wege“, ist Tressin überzeugt, „und tragen mit zielführenden Handlungshilfen zur Versachlichung der Diskussion bei.

Aber nicht nur die Unternehmen, sondern alle Akteure im Gesundheitsschutz sind gefordert, denn der Erfolg einer psychotherapeutischen Behandlung hängt nicht nur von der frühen Erkennung, sondern insbesondere auch von der richtigen Behandlung ab. Deshalb ist es einfach ein Skandal, dass Betroffene im Schnitt drei Monate auf das Erstgespräch für eine psychotherapeutische Behandlung warten müssen.“ Tressin erwartet deshalb von der Gesundheitspolitik, den Ärztevereinigungen und den Krankenkassen, „dass dieser Missstand schnellstmöglich und entschlossen behoben wird. Eine ordentliche Behandlung und Versorgung ist deshalb mindestens ebenso das Gebot der Stunde. Gesetzliche Vorgaben jedenfalls sind bei dem Thema völlig konterproduktiv.“