15/01/2018

Zeitplan

Datum

Tarifrunde 2018

3. Tarifrunde

Nach den massiven Warnstreikaktionen der letzten Woche, die zu nicht vertretbaren Produktionsausfällen bei einigen unserer Mitgliedsfirmen führten und in keinster Weise zu einer Lösung dieser komplexen Tarifrunde beitrugen, gilt es nunmehr umso mehr, mit Hochdruck Lösungsmodelle zu erarbeiten, die den betrieblichen Realitäten Rechnung tragen, rechtssicher und praktikabel für beide Seiten in der Umsetzung sind und bei den Unternehmen sowohl beim Geld als auch bei der Gestaltung künftiger Arbeitszeitregime nicht zu einer Überforderung der Arbeitgeber führen. Ein absolutes No-Go ist und bleibt, dass Regelungen in einem Tarifvertrag abgeschlossen werden, die gegen das Gesetz verstoßen und unsere Betriebe einem Klagerisiko aussetzen. So würde die geltend gemachte Forderung der IG Metall auf Arbeitszeitreduzierung mit teilweisem Entgeltausgleich bedeuten, dass eine bisherige Teilzeitkraft schlechter bezahlt wird als ein Mitarbeiter, der wegen eines Pflegefalls in Zeilzeit geht; dies ist diskriminierend und damit rechtlich nicht zulässig. Unanhängig hiervon enthält die Forderung der IG Metall auch einen ordnungspolitischen Fehler, weil es nicht Aufgabe der Tarifvertragsparteien ist, Sozialpolitik zu betreiben. So können Arbeitgeber nicht für die all die Herausforderungen zur Kasse gebeten werden, die ausschließlich staatliche Aufgaben sind. Heute sollen es Ausgleichansprüche für die Pflege sein, morgen sind es dann Zahlungen bei der Rente, übermorgen die Übernahme der Kita-Kosten etc.

Wenn die IG Metall meint, dass das Arbeitgeberangebot mit einer Tabellenerhöhung von 2 % inakzeptabel sei, dann sei sie daran erinnert, dass nur das Produktivitätswachstum den Verteilungsspielraum bestimmen kann und da liegt das Arbeitgeberangebot schon jetzt oberhalb der für 2018 erwarteten Marke.

Und bei der Arbeitszeit zeigt uns ein Blick über den tarifpolitischen Tellerrand, dass die tariflichen Arbeitszeiten in der M+E-Industrie schon heute in einem internationalen Rekordtief liegen. Mit durchschnittlich 35,4 Wochenstunden arbeiten die Beschäftigten kürzer als ihre Kollegen in allen wichtigen europäischen Wettbewerbern wie Frankreich (35,8 Stundenwochen), Großbritannien (37 Wochenstunden) oder Spanien (38,4 Wochenstunden).

Darüber hinaus lehrt uns alle die Globalisierung, dass bei der künftigen Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeitregime berücksichtigt werden muss, dass in dsa Weltgeschehen ein „neuer Liberalismus“ eingezogen ist im Sinne von „alle können alles, zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort“. Den Takt geben dabei ausschließlich die Kunden vor. Sie erwarten vom Unternehmen, dass sie global und rund um die Uhr für sie da sind und immer schneller auf individuelle Wünsche reagieren. Wenn die IG Metall meint, dass ginge auch und in erster Linie mit Arbeitszeitverkürzung, kann dem nur entgegnet werden: genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb muss es in dieser Tarifrunde auch um bedarfsorientierte Anpassungen der Arbeitszeit nach oben gehen.

Das muss ja nicht unbedingt heißen, dass man die gesamten Arbeitszeitregelungen in den Tarifverträgen umkrempeln muss, es geht vielmehr um die Frage der richtigen Balance zwischen Zeitsouveränität der Arbeitnehmer einerseits und der betrieblichen Interessen andererseits.Und da müssen die betrieblichen Interessen beim Abwägungsprozess im Konfliktfall schon deshalb Vorfahrt haben, weil die Unternehmen ansonsten gegenüber den Kunden keine Gewährträgerhaftung mehr für eine zeitnahe Vertragserfüllung übernehmen können. Am Anfang der Nahrungskette – im Übrigen sowohl für den Unternehmer als auch für den Arbeitnehmer – steht also immer die Frage, wie komme ich den Wünschen des Kunden nach und wie viel unternehmerische Freiheit wollen die Arbeitnehmer dem Unternehmer bei der Umsetzung der gegenüber dem Kunden bestehenden Einstandspflichten noch zugestehen. Bei allem wohlverstandenen gesellschaftspolitischen Mainstream nach einer unkonditionierten Zeitsouveränität eines jeden Arbeitnehmers, darf nicht in Vergessenheit geraten, dass dem Unternehmer eine innerbetriebliche Organisationsfreiheit bleiben muss. Das mag für den einen oder anderen vorsinnflutig klingen, ist nun aber einmal die betriebliche Realität fürs Überleben des Unternehmens. Wenn die IG Metall hier eine Neujustierung wünscht, dann bleibt ihr das natürlich völlig unbenommen. Sie darf sich dann aber nicht wundern, wenn unter diesen Rahmenbedingungen Unternehmer nicht mehr bereit sind, alle daraus entstehenden Risiken einseitig zu ihren Lasten zu übernehmen. In dieser Tarifrunde geht es deshalb – ohne jede Übertreibung – über die grundsätzliche Frage eines künftigen ordnungspolitischen Leitbildes bei der Gestaltung der Arbeitszeitregime, und da ist nicht nur der Nerv der Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber getroffen.