Mitgliederversammlungen beider Verbände am 11.06.2019
Unternehmer äußern massive Kritik am Kurs der Regierung in der Wirtschaftspolitik
– Wirtschaft pocht auf Entlastungen
-Spielraum für Lohnzuwächse aufgebraucht
In den jeweiligen Jahreshauptversammlungen zogen die beiden Vorsitzenden, Arndt Krebs für den Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Rhein-Wupper e.V. und Edgar Frank für die Unternehmerschaft Rhein-Wupper e.V., eine positive Bilanz 2018 nicht nur für die beiden Verbände, sondern auch für die angeschlossenen Töchter, der Wuppermann Bildungswerk Leverkusen GmbH und der neu gegründeten Unternehmensberatung, der InoWis GmbH. „Wir sind mit allen Institutionen sicherlich auch ein wenig im Kielwasser der zumindest in den ersten drei Quartalen guten Konjunktur 2018 gefahren“, so das Fazit der beiden Vorsitzenden.
„Die sich bereits im letzten Quartal 2018 eintrübende Konjunktur hinterlässt jedoch aktuell deutlichere Spuren“, äußern sich beide Vorsitzenden besorgt. Das zeigt nicht nur die Tatsache der Stagnation bzw. zum Teil auch schon eine rückläufige Beschäftigtenstruktur in den Mitgliedsunternehmen, sondern auch die Tatsache, dass sich die Geschäftserwartungen branchenübergreifend verschlechtern. Besonders die Automobilzulieferer haben im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal Umsatzrückgänge von bis zu 20 % zu beklagen“. Stellvertretend für die Automobilzulieferer Michael Hedderich, Senior Vice President Rings & Liners der Federal-Mogul Holding Deutschland GmbH (jetzt TENNECO): „Bei uns beträgt der Umsatzrückgang im ersten Halbjahr gegenüber dem ersten Halbjahr 2018 10 %. Dies ist vor allem der Schwächung der Konjunktur geschuldet. Die Elektrifizierung spielt dabei noch keine Rolle. Eine Verbesserung der Lage im 2. Halbjahr können wir im Moment nicht erkennen“.
Massive Kritik äußerten die Unternehmen am Kurs der Regierung in der Wirtschaftspolitik: Immer mehr Bürokratie, immer mehr Auflagen und Kosten; die Unternehmer sehen keinerlei Verbesserungen. Unternehmer werden ganz offensichtlich zu wenig wertgeschätzt“, so die beiden Vorsitzenden. „Die nach unten korrigierte Konjunkturprognose der Bundesregierung müsste eigentlich für alle mehr als ein Weckruf, sondern ein „Alarmzeichen“ sein“. Der Mittelstand ist eben global aufgestellt und im Wettbewerb. Deutschland aber ist einer der teuersten Standorte weltweit. Wir haben einfach zu hohe Personalkosten und mit einer Unternehmenssteuerlast von über 30 % eine zu hohe Steuerquote im Vergleich zum Durchschnitt der OECD mit 25 %. Dies ist im internationalen Konkurrenzkampf ein unhaltbarer Zustand und gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb ist die Steuerlast auf 25 % zu senken. Und auch bei den Strompreisen bedarf es einer ganz dringenden Korrektur nach unten. Allein die EEG-Umlage ist mittlerweile in Deutschland so hoch wie der gesamte Strompreis in den USA. Und in Europa sind wir leider Schlusslicht und haben die höchsten Strompreise zu beklagen.
Die Politik muss nun endlich umsteuern, weg von einer Rund-um-sorglos-Sozialpolitik hin zu einer wachstumsorientierten Reformagenda mit deutlichen Entlastungen sowohl für die Unternehmer als auch für die Bürger.
„Der letzte Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie schmerzt ganz besonders, weil wir uns damit im internationalen Wettbewerb noch einmal verschlechtert haben. Er war unangemessen und überfordert die Betriebe, die noch immer im Flächentarif sind. Die Verlagerung von Wertschöpfung in Standorte außerhalb Deutschlands wird sich deutlich beschleunigen.“, so Michael Hedderich weiter.
„Alarmierend ist auch die Tatsache, dass sowohl gesamtwirtschaftlich als auch in der M+E-Industrie die Tarifentgelte in den vergangenen Jahren dreimal so stark gestiegen sind wie die Produktivität. Die Unternehmen sind dadurch, ebenso wie mit dem Beschäftigungsaufbau, in Vorleistung gegangen. Das kann so nicht weitergehen, denn die Unternehmen brauchen jetzt die finanziellen Möglichkeiten um die Transformation allein aus der Digitalisierung weiter voranzutreiben. Der Investitionsstau ist jedenfalls gigantisch, nicht nur bei Forschung und Entwicklung, sondern in allen Bereichen der Wertschöpfungsketten sowie den Kosten für Fort- und Weiterbildung der Arbeitnehmer. Die Spielräume für Lohnzuwächse sind deshalb für die nächsten Jahre aufgebraucht. Was wir jetzt deshalb dringend – im Übrigen branchenübergreifen – brauchen, ist ein „Bündnis für Transformation“, bei dem alle Beteiligten, also Unternehmer, Arbeitnehmer, Politik und Sozialpartner ihren Beitrag leisten, um Wertschöpfung und damit Wohlstand in Deutschland halten zu können. Jedem muss dabei klar sein, dass neue Arbeitsplätze nicht von alleine entstehen. Die Wirklichkeitsverweigerungshaltung in der Politik erlebt jedenfalls derzeit eine harte Begegnung mit den beschriebenen Realitäten in allen Branchen“, so die beiden Vorsitzenden in ihrem zusammenfassenden Fazit.
Pressestatement von Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Sascha Stowasser (ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.) zum Thema „Schöne neue Arbeitswelt!?„: „Vernetzte Digitalisierung und Künstliche Intelligenz bieten nicht nur allerhand Chancen für innovative Geschäftsmodelle von Unternehmen und Institutionen. Die Arbeitswelt in den Unternehmen erfährt ebenfalls umwälzende Veränderungen. Die Arbeitswelt der Zukunft ist gekennzeichnet durch die zunehmende Flexibilisierung von Arbeitsort, -zeit, -organisation sowie Handlungsfreiheit. Bereichert werden Produktions- und Wissensarbeit durch intelligente Assistenz, lernende Roboter und benutzeroptimierte Informationsbereitstellung. Für die Beschäftigten bedeutet dies mehr Flexibilität, anspruchsvollere Tätigkeiten, individuell angepasste Informationen sowie Erleichterung bei monotonen geistigen Routinetätigkeiten.
Bei all dem Optimismus können wir es mit der Digitalisierung auch übertreiben. Wenn wir die Arbeit in der digitalen Zukunft so gestalten, dass wir – die Menschen – nur noch Anhängsel von digitalen und intelligenten Systemen und Maschinen wären. Hier zähle ich auf eine moralische und ethische Grundsatzdebatte, die einerseits die zahlreichen Vorteile der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz, andererseits natürlich die arbeitsschutzrelevanten Aspekte und gesellschaftlichen Wertevorstellungen berücksichtigt.“