Jahresrück- und Ausblick 2024/2025

Unternehmen im permanenten Krisenmodus

Die Unternehmen standen ein weiteres Jahr unter Dauerstress. Zu hohe Energiepreise, Unternehmenssteuern und Abgaben, überbordende Bürokratie, zähe Genehmigungsverfahren und im internationalen Vergleich zu hohe Lohnkosten. Und so kann es nicht überraschen, dass der aktuelle Stellenradar einen immer größer werdenden Überhang der Abbaupläne über die offenen Stellen zeigt. Die dargestellten Probleme sind vielseitig und allen bekannt, teilweise mittlerweile sogar existenziell und dazu auch noch gleichzeitig. Hinzu kommt, dass die geopolitische Realität in ganz neue Richtungen weist: Entkopplung statt Globalisierung verbunden mit einer erbitterten Konkurrenz um Einfluss und Wertschöpfung, weg von einem Freihandel hin zu immer mehr Protektionismus. Geprägt ist diese neue geopolitische Wirklichkeit von einer Systemkonfrontation zwischen autoritären Regimen und Demokratien. Umso wichtiger wird es deshalb sein, dass das EU-Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur–Staaten schnellstmöglich finalisiert wird und seine Zustimmung im EU-Rat, dem Europaparlament und der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten findet. Denn vor allem unsere Industrie dürfte von großen Wachstumsimpulsen profitieren. Unabhängig hiervon wäre das größte Freihandelsabkommen der Welt auch geopolitisch die richtige Antwort auf einen Zollkrieg zwischen USA und China und schließlich würde die Idee, dass Wohlstand immer dann entsteht, wenn Länder das produzieren und exportieren, was sie am besten können, noch einmal einen ganz neuen Schub erhalten.

Unsere Wirtschaft befindet sich mittlerweile seit 2018 im Sinkflug. Inzwischen zählt Deutschland gemeinsam mit Finnland, Belgien und Österreich leider zu den Schlusslichtern in Europa. Und nach dem Konjunkturausblick der OECD-Experten wird Deutschland weiterhin hinterherhinken und im kommenden Jahr das Schlusslicht unter den Industrieländern sein. So wird nach der IW-Konjunkturprognose die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr nur um mickrige 0,1 % wachsen – und das nach zwei Jahren Rezession.

Fakt ist, dass die Ampel nicht nur keine Kraft, sondern letztlich auch nicht den Willen für eine Wirtschaftswende hatte. Stattdessen versuchte der Kanzler immer wieder mit seinem Sirenengesang die Wirtschaft und die Bevölkerung zu betören. „Die Klage ist das Lied des Kaufmanns“, kein anderer hat diesen Satz so sehr verbreitet wie der aktuelle (Noch-) Kanzler. Hinzu kommt, dass die staatliche Finanzierung der Transformation mittlerweile völlig in Trümmern liegt. Und so versinkt das Land immer mehr in Lethargie und Depressionen.

Die Wirtschaft wartet jedenfalls weiter sehnsüchtig auf Signale des Aufbruchs und auf entschlossene Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Denn Fakt ist und bleibt: Die Unternehmen haben nur dann eine Zukunft in Deutschland, wenn sie erwarten können, dass sie künftig auch unter wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen produzieren und auch nachhaltig Erträge erwirtschaften können. Derzeit aber liegen die Margen und Kapitalrenditen der DAX-Unternehmen erheblich unter den Niveaus der großen internationalen Unternehmen. Es kann deshalb nicht überraschen, dass die DAX-Unternehmen nur noch 18 % ihres Umsatzes in Deutschland erwirtschaften. Wir müssen also aufpassen, dass der Standort Deutschland nicht zum Auslaufmodell wird, die Deindustrialisierung ist jedenfalls im vollen Gange.

Keine Trendwende ohne Wirtschaftswende

Alle Parteien müssen in den vorbezeichneten Realitäten nun endlich ankommen, Farbe bekennen und entsprechende Angebote abliefern, denn was die Unternehmen mittlerweile nicht mehr haben, ist Zeit.  Was wir jetzt brauchen, sind keine weiteren Subventionsfeuerwerke, sondern mutige Strukturreformen für international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, die niedrigere Energiepreise, Steuern und Abgaben, Bürokratieabbau, eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und Anreize für eine Steigerung von privaten Investitionen beinhalten. Auch wenn der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz klarstellt, vor der Neuwahl werde es keine Wirtschaftswende mehr geben, sollte er dringend beim Thema Senkung der Nutzentgelte noch einmal prüfen, ob sich CDU, SPD und Grüne nicht doch noch die Hand reichen. Denn die massiv angestiegenen Nutzungsentgelte belasten die Unternehmen aufs Äußerste. Deshalb haben die Unternehmen nicht noch ein halbes oder dreiviertel Jahr Zeit, bis eine neu gewählte Regierung die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen hat, im Amt ist und den Haushalt auf den Weg gebracht hat. Sie brauchen also jetzt unverzügliche Entlastung, nicht zuletzt auch deshalb, weil bei einer rückläufigen Auftragslage immer häufiger Liquiditätsengpässe auftreten und das Eigenkapital zunehmend aufgezehrt wird; Kapital was die Unternehmen im Übrigen unbedingt für die Transformationsprozesse brauchen.

Im Klartext: Mit Blick auf den dramatischen Absturz der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland haben wir im Grunde mit den Neuwahlen nur noch die eine Chance, die Richtung zu ändern und den anhaltenden, von Verteilungskämpfen geprägten Niedergang zu stoppen. Hoffentlich hat das politische Establishment auch diese Einsichtsfähigkeit und zugleich den Umsetzungswillen zu einer zwingend notwendigen angebotsorientierten Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Konzepte hierzu liegen seit langem in den Schubladen der Exzellenzen aus der Wirtschaftswissenschaft und den Instituten und können jederzeit von der Politik abgerufen werden. Angesichts der dramatischen Lage wäre eigentlich eine parteiübergreifende, konzertierte Aktion unter Hinzuziehung der Sozialpartner und Wirtschaftsverbände schon seit langer Zeit das Gebot der Stunde. Dann könnten nämlich alle Beteiligten den Beweis antreten, dass sie der immer wieder postulierten politischen Verantwortung für den Wohlstand dieses Landes auch tatsächlich Rechnung tragen wollen.

Wir brauchen sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft eine mentale Zeitenwende

Fazit: Wir brauchen sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft eine mentale Zeitenwende im Sinne eines „Economy First“. Mit einer stetig zunehmenden Work-Life-Balance-Mentalität, einem immer stärkeren Bestreben nach weniger Arbeit mit vollem oder teilweise Lohnausgleich, einer permanenten Vollkaskoforderungsmentalität, nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber den Unternehmen, werden wir jedenfalls weiterhin hoffnungslos abgehängt bleiben. Unser Wohlstand hängt nun einmal entscheidend an der Leistungsbereitschaft eines jeden Einzelnen. Wir sind also alle aufgerufen, die vorbezeichnete Zeitenwende unverzüglich umzusetzen, denn „wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben“.