21/12/2015

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Jahresrück- und Ausblick 2015/2016

Zum Jahresende blickt der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Rhein-Wupper e.V. und der Unternehmerschaft Rhein-Wupper e.V., Rechtsanwalt Andreas Tressin, auf das Jahr 2015 zurück und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr.

Rückblick 2015

  • Niedrigste Arbeitslosigkeit seit über 20 Jahren
  • Staat schwimmt im Geld
  • Realplus bei den Einkommen erreicht Spitzenwert
  • Mitgliedsunternehmen gut aufgestellt

Eine positive Bilanz zieht der Geschäftsführer der Unternehmerverbände Rhein-Wupper für die rund 200 Mitgliedsunternehmen: Der Konjunkturmotor ist auch 2015 nicht ins Stocken geraten. Die meisten Mitgliedsunternehmen sind zum Jahresende gut aufgestellt, sie verzeichneten in 2015 eine konstant hohe Auslastung und auch zum Jahresende sind die Auftragsbücher trotz Abschwächung im Dezember noch gut gefüllt. Es wurden Investitionen vorgenommen und Beschäftigung aufgebaut. Der Anstieg der Entgelte hat sich weiter beschleunigt. So sahen die Mehrzahl der Abschlüsse von 2015 Erhöhungen von 3 % vor, und dies bei einer Inflationsrate, die bei 0 % lag – also ein sattes Realplus, was den Inlandskonsum ankurbelte. Weil es in der Wirtschaft insgesamt rund lief, konnten die Finanzminister und die meisten Kämmerer ihr Glück kaum fassen.

– Trugbild „Sonderfaktoren

Bei aller Euphorie darf eines nicht vergessen werden: Der momentane Erfolg der Wirtschaft ist weniger Ausdruck allein volkswirtschaftlicher Stärke, als vielmehr auch und insbesondere Resultat glücklicher Umstände, die letztlich nur sehr wenig bis gar nicht beeinflusst werden können, nämlich: Niedriger Ölpreis, niedrige Zinsen und günstiger Wechselkurs. Nimmt man hinzu, dass viele unserer Mitgliedsunternehmen im industriellen Bereich ihre Renditen nicht allein mit ihren qualitativ hochwertigen Produkten, sondern vielfach zu einem großen Teil dadurch erzielten, weil sie zum richtigen (oftmals glücklichen) Zeitpunkt Rohstoffe und Energie einkauften, relativieren sich viele der sich derzeit abzeichnenden positiven Jahresabschlüsse. Manchmal darf man sich nicht die Frage stellen, wie das Ergebnis ausgefallen wäre, wenn die vorbezeichneten „sonderfaktoren“ nicht gewesen wären.

– Verhaltender Optimismus für 2016

2016 sieht Tressin verhalten optimistisch. So wächst der Welthandel nur schwach, viele Schwellenländer suchen nach einem neuen wirtschaftspolitischen Kurs und die ökonomischen Folgen der Flüchtlingszuwanderng sind derzeit überhaupt nicht abzuschätzen. Vor diesem unsicheren Hintergrund haben die vom Institut der deutschen Wirtschaft befragten Unternehmen ihre Erwartungen auch zurückgeschraubt. Die aktuelle IW-Konjunkturprognose verheißt deshalb für 2016 nur ein moderates Wachstum von 1,5 %.

– Preis- und Magendruck wird immer brutaler

Unsere Unternehmen zahlen Weltklasselöhne, wobei sich der Anstieg der Entgelte seit der Wirtschafts- und Finanzkrise noch einmal beschleunigt hat. So sind die Entgelte von 2008 bis 2015 je Stunde um fast 17 % und die Effektiventgelte um nahezu 21 % gestiegen – während das Produktivitätsplus gerade einmal mehr als 4 % beträgt. Darüber hinaus tragen die Unternehmen die höchsten Sozialabgaben, müssen die kürzesten Arbeitszeiten verkraften und werden mit den höchsten Umweltstandards und dadurch entstehenden Kosten belastet. Fpr die heimischen Unternehmen wird es bei den in vielen Branchen bestehenden Überkapazitäten uns einem zunehmenden brutalen Preis- und Magendruck damit immer schwieriger, diese Kosten am Weltmartk zu verdeinen.

– Unsere Unternehmen verlieren immer mehr an Wettbewerbsfähigkeit

– Ein „weiter so“ wird nicht funktionieren

Bedenklich ist, dass die Lohnstückkosten bei den Unternehmen seit einigen Jahren wieder stärker steigen als bei den internationalen Wettbewerbern; unsere Unternehmen verlieren damit schleichend immer mehr an Wettbewerbsfähigkeit. Weil das im Standort-Wettbewerb die heimische Wirtschaft zurück wirft – und zwar auch zum Schaden der Mitarbeiter – mahnt Tressin einen Paradigmenwechsel sowohl in Berlin als auch in der Tarifpolitik an: Die Politik muss sich unternehmerisch Verhalten und alles tun, damit die Stabilität der Wirtschaft gewahrt bleit. Deshalb muss in der gegenwärtigen Situation alles unterbleiben, was die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft schmälert. So darf es beispielsweise unter keinen Umständen weitere Einschränkungen bei der Leiharbeit und zu den Werkverträgen geben. Was sich aktuell die Ministerbeamten von Frau Nahles hier haben einfallen alssen, ist ein kompletter Angriff auf unsere heute arbeitsteilige Wirtschaft. Der aktuelle gesetzesentwurf ist ein Bremsklotz gegen die Vernetzung und Arbeitsteilung der Industrie 4.0: praxisfremd, hoch bürokratisch, in der Sache unsinnig und so überhaupt nicht durchführbar.

Und auch die Gewerkschaften müssen auf dem Teppich bleiben. Lohnsteigerungen wie in den letzten Jahren nehmen den Unternehmen die Luft zum Atmen. Wir brauchen deshalb ein gemeinsames Interessse an einer Rückkehr zu einer produktivitätsorientierten, flexibleren Tarifpolitik anstatt Spitzenwerte bei Streikausfällen zu produzieren.

– Neue „Arbeitszeitregime“ als Antwort auf Industrie 4.0 erfoderlich

Die Wirtschaft und die gesamte Arbeitswelt befindet sich mit der Digitalisierung der Arbeit seit längerer Zeit in einer Phase tiefgreifender Umwälzungen. Die globale Vernetzung von Märkten und Gesellschaften lässt die Welt im rasanten Tempo schrumpfen. In das Weltgeschehen ist ein neuer Liberalismus eingezogen im Sinne von „alle können alles zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort“. Den Takt geben dabei die Kunden vor. Sie erwarten vom Unternehmen, dass sie global und rund um die Uhr für sie da sind und immer schneller auf individuelle Wünsche reagieren. „Wenn die IG Metall bei ihrem Gewerkschaftstag im Herbst dieses Jahres in diesem Zusammenhang behauptet, Flexibilität ist das Gegenteil von Stabilität, so kann dem nur entgegnet werden: Genau das Gegenteil ist der Fall“. Was die Arbeit anbelangt, so wird der digitale Wandel vermehrt zu einer zeitlichen und räumlichen Entgrenzung führen. Das muss nicht unbedingt heißen, dass man das gesamte Arbeitszeitgesetz umkrempeln muss, denn zukunftsfähige Arbeitszeitregime unter dem Gesichtspunkt Industrie 4.0 sind letztlich nicht mehr, aber auch nicht weniger als die konsequente Fortführung der Ausrichtung der Arbeitszeit an den betrieblichen Notwendigkeiten und individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter. Ees geht damit um nichts anderes, als um die Fortschreibung vieler kreativer und in den Betrieben bereits schon gelebter Arbeitszeitregime. Was spricht deshalb dagegen, die Arbeitszeitregime in ihrer konkreten Ausgestaltung vollständig in die Hände der Betriebsparteien zu legen: „Mehr Vertrauen der Gewerkschaften in die Gestaltungskraft der Betriebsparteien, statt Bevormundung ist das Gebot der Stunde“. Zumindest in einem ersten Schritt könnte man in vielen kleinen „Feldversuchen“ den Betriebsparteien Arbeitszeitkorridore zwischen 30 und 40 Stunden zubilligen, die sie dann eigenständig nach den betrieblichen Notwendigkeiten und unter Berücksichtigung der individuellen Interessen der Arbeitnehmer bis hin zur Vergütung gestalten können.

– Die Wirtschaft wird ihren gesellschaftlichen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise bei der Integration in den Arbeitsmarkt leisten

Unbedingte Voraussetzung dafür aber ist zunächst einmal ein verlässliches Bild über die Qualifikationen jedes Einzelnen sowie klare, für die Unternehmen händelbare arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen. Deutschkurse sind für einie gelingende Integration ein erster Schritt, mehr aber auch nicht. Denn allein ein Deutschkurs wird angesichts der hohen technischen Standards und Anforderungsprofile in unseren Unternehmen nicht ausreichen, um die Menschen in Arbeit zu bringen. Wir fürfen in diesem Zusammenhang vor allem nicht unsere verbindlichen Standards nur für Flüchtlinge außer Kraft setzen – Qualität muss auch künftig vor Schnelligkeit bei der Qualifizierung Vorrang haben. Denn entweder sind die Standards in Ordnung, dann müssen sei für jeden gelten, oder – noch besser – sie endlich der Realität anpassen, aber dann eben auch für alle. Insgesamt wird es schwierig werden, allen eine Perspektive zu verschaffen. Deshalb ist es mindestens ebenso gesellschaftliche Pflicht, für die Flüchtlinge auch eine Perspektive in den Heimatländern aufzubauen.