Arndt Krebs, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Rhein Wupper e.V. kritisiert das Corona Management der Bundesregierung und fordert eine nachhaltige Pandemiestrategie
Mit großer Sorge nimmt der Verbandsvorsitzende Arndt Krebs derzeit eine Spaltung in der Republik wahr, nämlich in diejenigen, die mit der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems zu tun haben und diejenigen, die aus existenziellen Gründen die Geduld verlieren.
Die Corona Pandemie zeigt in diesem Beziehungsgeflecht jedenfalls derzeit einen völlig hilflos agierenden Staat, dem es leichter fällt, die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger einzuschränken, den Einzelhandel zu schließen oder Unternehmen in ihrer Betätigungsfreiheit einzuschränken, als seine Kernaufgaben zu erfüllen. Die unzureichende Strategie stellt jedenfalls derzeit das größte Risiko für die Konjunktur und die Existenz vieler Unternehmen da.
Mit den gestrigen Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz stirbt die Hoffnung auf einen Strategiewechsel hin zu einer wirkungsvollen Bekämpfung der Corona-Pandemie. Lieber versteckt sich der Staat weiterhin hinter dem Föderalismus und einem zermürbenden Zuständigkeitsgerangel, als ordnungspolitisch verantwortungsvoll zu handeln. Stattdessen werden die Bevölkerung und die Unternehmen mit Ungerechtigkeiten konfrontiert, die sich quer durch die Landesverordnungen ziehen und immer wieder für Unmut sorgen. Erst gestern wurde die Corona-Schutzverordnung wieder kurzfristig geändert, nachdem in der vergangenen Woche das Oberverwaltungsgericht in Saarlouis einen Großteil der Corona Beschränkungen im Einzelhandel kassiert hatte. Den Richtern leuchtete zurecht nicht ein, warum für Blumengeschäfte und Buchläden großzügigere Regeln gelten als für Computerläden.
Das Glaubwürdigkeitsproblem wächst dadurch kontinuierlich und die Bevölkerung fragt sich zu Recht, warum man derzeit nach Mallorca in vollbesetzten Flugzeugen fliegen darf, aber der Besuch von kulturellen Veranstaltungen unter strengen Hygienemaßnahmen ebenso wenig möglich ist wie ein Urlaub an Nord- oder Ostsee.
Beängstigend ist der immer größer werdende weltweite Verlust an Image und Reputation, den die europäische, und insbesondere die exportabhängige deutsche Wirtschaft erleidet. Dass die USA und Präsident Biden ihr Entsetzen über das Coronakrisenmanagement öffentlich äußern, ist äußerst schädlich für den Industriestandort Deutschland und wird sicherlich noch über Jahre hinweg nachhaltige negative Folgen für Investitionsentscheidungen aus dem Ausland haben.
Durch das schlechte Krisenmanagement belastet der zweite Lockdown die deutsche Wirtschaft, weit länger als viele am Anfang erwartet hatten, seit nun mehr als fünf Monaten. Eines dürfte unstreitig sein: Die Erholung der Wirtschaft in diesem Jahr steht und fällt damit, dass wir nicht in Dauerwellen versinken und das Infektionsgeschehen beherrschbar bleibt. Dazu muss endlich ausreichend Impfstoff beschafft werden, der nachfolgend effizient verimpft wird.
Krebs fordert deshalb eine Pandemiestrategie mit einer schnelleren Verfolgung von Infektionsketten durch den längst überfälligen Einsatz digitaler Technik. Dazu gehört ebenfalls eine systematische Teststrategie, die das Potenzial hat, weitere Öffnungen in der Wirtschaft zu ermöglichen.
Der Schlüssel liegt also im Impfen und Testen. Hier müssen wir ganz einfach besser und schneller werden, dann können wir auch unabhängig von Inzidenzwerten weiter öffnen. An Öffnungen in naher Zukunft werden nicht vorbeikommen, denn kein staatliches Hilfspaket, was jetzt geschnürt wird, kann so wirksam und nachhaltig sein wie eine Rückkehr der Wirtschaft in den Normalbetrieb, da ist Krebs sich sicher.
Richtig und alternativlos war sicherlich, dass die Bundesregierung mit staatlichen Hilfen die Wirtschaft in der Pandemie mit hohen Milliardenbeträgen gestützt und damit die Folgen der Krise beträchtlich gelindert hat. Das kann aber ohne eine starke Wirtschaft auf die Dauer nicht finanziert werden, das gilt insbesondere für unser gutes und kostenintensiven Gesundheitssystems. Denn staatliche Fürsorge kann und darf marktwirtschaftliche Prozesse nicht Außerkraftsetzen.
Auch wenn die Pandemiebekämpfung zurzeit die höchste Priorität hat, müssen wir nun endlich einmal auch an die Zeit danach denken. Der Wohlstand der nächsten Jahre wird sicherlich anders erwirtschaftet werden als noch vor der Pandemie. So werden für eine ressourcenschonende und ökologisch nachhaltige Industrie, den Verkehr und die Energiewirtschaft umfassende neue Wertschöpfungsketten entstehen, die zunächst hunderte Milliarden von Investitionen verschlingen werden, um neue Jobs und neue Branchen hervorzubringen. Dafür müssen die notwendigen Umwandlungsprozesse in Gang gesetzt werden. So muss der Staat nun endlich investitionsfreundliche Rahmenbedingungen mit steuer-, verwaltungs-, bau- und arbeitsrechtlichen Freiräumen schaffen.